Montag, 22. Mai 2006

Velodrom di bicicletta

Unruhig rutsche ich mit meinem Hintern auf dem Sofa herum. Es ist bereits 15.00 und der Start eigentlich schon gelaufen zum ersten Lauf der Steher. Das nicken meines Mannes bestätigt mir das ankommen meiner Worte. Und bereits keine 10 Minuten später rolliere ich Richtung Reichelsdorf. Erst am Kanal entlang und dann ab der Schleuse quer durch den Wald mit dem Singlespeeder.....

Die Trails bin ich selbst so noch nicht gefahren, und so überlasse ich es meinem Spürsinn und der geistigen Orientierung am richtigen Ort heraus zu kommen. Gut, das hat schon mal funktioniert. Inzwischen ist es punkt 16.00 als ich am Eingang der Bahn einlaufe. Noch auf dem Rad sitzend rolle ich direkt zur Kasse, ein blick ins Häuschen wo die Dame die Karten verkauft. Nett frage ich ob es schon Rabatt gibt, da der erste Lauf ja schon vorbei ist. Für 4,- Euro darf ich und mein Bike dann das Gelände betreten. Ich schließe mein Rad ab, entledige mich meines Helmes, setze eine Mütze auf (denn es ist windig) und geselle mich auf die Tribüne zu den anderen Zuschauern. Der Bahnsprecher macht noch ein paar Ansagen und schon hört man wie die ersten Schrittmacher ihre Maschinen anwerfen.



Knatternd fahren sie die ersten Runden damit die Maschinen auf Betriebstemperatur kommen. Zeitgleich bereiten sich die Fahrer auf den start vor. Sie stellen sich in umgekehrter Reihenfolge auf, dh der erste vom ersten Lauf steht nun ganz hinten. Noch eine Runde für die Schrittmacher und es wird der Startschuss hörbar laut knallen. Ich sitze ganz vorne und habe einen gigantischen Blick übers Oval. *kawummmm* der Schuss ist gefallen und die Rennfahrer werden von ihren Betreuern erstmal in Schwung gebracht, was bei der Übersetzung auch dringen notwendig ist. Die Schrittmacher kommen auf die Höhe ihrer Rennfahrer und machen etwas gas raus, damit sich der Rennfahrer hinten an die Rolle "hängen" kann. wobei das hängen kein einhängen ist, nur muss man als Rennfahrer so nah wie möglich an dieser rolle fahren um den idealen Windschatten zu haben. Denn ist man zu weit entfernt, wird man regelrecht abgerissen aus dem Sog, und ein wieder rankommen wird meist sehr schwer und Kräftezehrend.

100 Runden stehen auf dem Schild wo die Glocke unten dran hängt. Als die Steher nun mit ihren Schrittmachern voraus die Ziellinie überqueren folgt der absolute Startschuss. Der Gashahn wird aufgedreht und die Rennfahrer Strampeln sich die Beine aus dem Leib. Mit einem Höllen Tempo rauschen sie Runde für Runde an mir vorbei. Es gribbelt überall vor lauter Begeisterung. Bin ich doch selbst einmal auf dieser Bahn zuhause gewesen. Runde um Runde wird es spannender. Als der Deutsche Meister Carsten Podlesch das Feld von hinten aufrollt. Bereits nach wenigen Runden stehen die ersten Überrundungen an der schwächeren Fahrer. Es entwickelt sich ein Zweikampf an der Spitze, und auch der Lokalmatador Auriel Siegel versucht noch einzugreifen. Aber auch er verliert auf den späteren Sieger noch ein paar Runden.




Das Rennen wird eine Demonstration der Stärke und des Respekts. Der Deutsche Meister gewinnt den Steher Maipreis auf der Radrennbahn in Reichelsdorf. Er gibt ein Schauspiel wie ich es selten gesehen habe. Er nimmt allen Fahrern eine oder mehrere Runden ab. Selbst der zweitplazierte muss in den letzten Runden Tribut zollen. Ich sitze immer noch wie gebannt auf der Tribüne obwohl bereits die Siegerehrung vorbei ist und die Schrittmacher + Rennfahrer bereits am zusammenpacken sind. Auch die Zuschauer verlassen bereits das Gelände. So kann ich noch für einen kurzen Augenblick alleine meine Zeit hier Revue passieren lassen. Ein kurzer Schauer läuft mir über den Rücken, und mit einem hauch Gänsehaut und einem zufriedenen lächeln in meinem Gesicht mache ich mich auf den Heimweg.



P.S. Der Heimweg hatte dann noch eine lustige Anekdote. Als ich den Rückweg wieder durch den Wald angetreten bin und gerade im Rausch der Geschwindigkeit fuhr ich an einem älteren Paar vorbei. Im Augenwinkel noch realisierend das sie wohl ein technisches Problem an einem Ihrer Räder hatten machte ich eine Bremsung und kehrte um. Eine kurze Frage ob ich helfen kann wurde mit einem Nicken erwidert. Kurzum die neu gekaufte Scheibenbremse (mechanische disc) am neu gekauften Rad sorgte für ein blockieren des Vorderrades. Kurzerhand bat ich um einen Inbusschlüssel, drehte ein bisschen hier, ein bisschen da und schon war das Vorderrad wieder leichtläufig und freigängig. Immer noch perplex und etwas erstaunt bedankte sich der Mann und seine Frau. Ohne mich hätten sie den Heimweg wohl schiebender weise antreten müssen ;-)

5 Kommentare:

GRAS.GRUEN hat gesagt…

Ich sach doch immer... jeden Tag ne gute Tag ;-))
Schöner Bericht... keine Zuschauer ??? es sieht alles etwas trostlos aus :-(

Anonym hat gesagt…

@gras.gruen: ja,ja jeder Tag ist ein guter Tag, man muß nur das Gute sehen wollen. Dann klappt es auch meistens mit der guten TAT;-)

@coffee: Hab am We ein schönes Werbeplakat gesehen: Wallace&Gromit-Das muß kneten!- auf SuperRTL für die ganze Familie. Mußte da so an Deine "präparierten" Reisszwecken denken... *brüll*

P.S.:schöner Bericht und schöne Fotos. Wie war das Straßenfest?

b-l-a-u hat gesagt…

:-( männo

Hätt ich das gewußt, hätte ich auch mal vorbeigeschaut.

Die Eindrücke einer Frau vom Fach sind wie immer klasse!

b-l-a-u

Anonym hat gesagt…

Hallo coffee
sehr schoener Bericht, ich glaube ich gruende eine neue Radsportzeitung und du schreibst die Berichte und machst die Bilder... :-))

Radsport = Lebenseinstellung hat gesagt…

Hey, cooler Bericht. Glaube ich muss auch mal nach Reichelsdorf kommen und mir die Bahn anschauen ;-)

Grüße

Matthias